Freitag, 13. Mai 2011

der ultimative Verlust

Heute habe ich ein Buch gelesen, das ich nicht mehr aus der Hand legen konnte, bis ich es unter vielen Tränen beendet hatte. Dies ist das zweite Buch, dass ich lese, in dem Eltern davon berichten, wie sie ein totgeborenes Kind zur Welt bringen. Sein eigenes Kind sterben zu sehen, loslassen zu müssen, ist wahrscheinlich mit keinem anderem Schmerz und Trauma dieser Welt vergleichbar. Das Leben, das in einem Selbst erschaffen wurde, für das man eine unvergleichbare Liebe empfindet, das man mit ganzer Macht schützen und bewahren möchte, zu verlieren, ist ein für mich unvorstellbarer Gedanke. Obwohl dieser Schmerz größer ist, als ich glaube, zu tragen vermag, zieht es mich immer wieder dahin, mich damit auseinander zu setzen. Und jedesmal, wenn ich mit Menschen rede oder von Menschen lese, die sich diesem Schmerz bewusst gestellt haben, sehe ich eine Schönheit und einen Glauben und einen Respekt für das Leben, wie ich es nirgendwo sonst je gefunden habe.
Eltern, die sich bewusst dem Schmerz gestellt haben schildern, wie sie ihr totgeborenes Baby in ihre Arme schliessen, es wiegen und streicheln und es stundenlang voller Ehrfucht und Bewunderung anschauen. Es ist ihr Kind, sie lieben es, sie sehen seine Schönheit. Dieses Baby ist ein Teil von ihnen, es ist geliebt und angenommen.
Wenn ich mich versuche, in eine solche Lage hineinzuversetzten, dann ist mein erster Impuls, wegrennen zu wollen, nicht zu sehen, nichts hören, nichts wissen zu wollen, die Tatsache dieser Realität irgendwie verschwinden zu lassen, das Undenkbare irgendwie ungeschehen zu machen- wenn auch nur gedanklich. Aber tief drinnen weiss ich, dass dies nicht der Weg ist, den wir gehen sollen. Das wir uns der Realität stellen müssen, um Gott zu schauen. Um zu erfahren was wahre Liebe, wahre Schönheit, wahres Leben ist.
Eigentlich habe ich gar kein Recht, über solche Dinge zu schreiben. Ich bin Laie in diesem Bereich, kann nur theoretische Gedankenkonstrukte entwerfen. Und es tut mir leid, wenn ich die Dinge anders sehe und darstelle, als sie von Betroffenen wirklich erlebt und empfunden werden. Ich denke, alles was ich sagen möchte, ist, dass ich einen tiefen Respekt für Menschen habe, die den Mut und die Stärke haben, sich ihren grössten Feinden zu stellen.
Wir alle haben ein paar "Feinden" ins Auge zu schauen, wenn diese auch vergleichsweise klein und unscheinbar zu sein scheinen. Wir alle brauchen Mut und Glauben, um unsere Probleme so in die Hand zu nehmen, dass sie uns zu reiferen und besseren Menschen machen.
Josua 1,9:
Ich sage dir: Sei stark und mutig! Hab keine Angst und verzweifle nicht. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin bei dir, wohin du auch gehst.«

2 Kommentare:

  1. Ich habe vor ganz vielen Jahren mal ein Buch von einer Frau gelesen, die mehrere Babys im frühen Stadium verloren hat und auch eine Totgeburt hatte. Mich hat das auch sehr bewegt. Ich habe keinen blassen Schimmer davon, wie schrecklich das sein muss...
    Aber amen zum zweitletzten Absatz. Manchmal ist es gut, das Leid anderer zu sehen wenn man im Rahmen einer pity party über irgendwelche Kleinigkeiten in seinem Leben rumheult. Aber die wahren Feinde sind Feinde, egal wie groß sie sind. Doch da ist Hoffnung - das ist der entscheidende Punkt.

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  2. Rolf Schirrmacher20. Mai 2011 um 01:27

    Hey Melli, ich finde du beschreibst eine bestimmte Auseinandersetzung mit Leid, die unserer rastlosen leistungs-, gesundheitsfanatischen Gesellschaft fehlt. Viel zu viele Menschen versuchen durch die Versprechen (Pränataldiagnostik, Präimplantatsdiagnostik, IVF, etc.) der modernen Medizin ihren Ängsten vor unvorstellbaren Leid und Hoffnungslosigkeit zu begegnen, bzw. eher sie zu ignorieren. Leid, Mängel am Menschen & Tod sind anscheinend Kategorien menschlichen Lebens, die wir nur sehr schwer in unser Denken und Sein integrieren können. Wenn ich ehrlich bin muss ich sagen, dass auch ich oft genug nach Gesundheit, Leistung, etc. strebe (zumindestens will ich nicht das Gegenteil!) und damit ganz schön viele Aspekte des Lebens ausschließe! Gerade wenn ich Menschen mit einer Komplexen Behinderung treffe oder wie du Bücher lese, in denen etwas beschrieben wird, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann und im ersten Moment auch überhaupt nicht erleben möchte.
    Wie schön das auch Gott für diese Schuld von mir am Kreuz gestorben ist und ich durch Ihn immer wieder die richtige Perspektive aufs Leben bekommen darf!
    Vielen Dank für deine Gedanken!
    Ganz liebe Grüße und wir freuen uns schon gar arg euch bald wiederzusehen!!
    Rolf

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